Eine Einbindung der Schweiz in die EU hat keine Zukunft

von Reinhard Koradi

Warum wollen Bundesrat und weitere Exponenten aus Bundesbern die Schweiz an die EU ausliefern? Eine Frage, die noch nie offen und ehrlich seitens der Befürworter eines EU-Beitritts beantwortet wurde. Aufgrund meiner Analysen und Lagebeurteilung gibt es keine ehrenwerten oder gar überlebenswichtigen Argumente, die für eine Annäherung der Schweiz an die EU sprechen. Vielmehr müsste sich die Schweiz gegenüber der EU durch eine respektvolle Distanz Unabhängigkeit und Selbstbestimmung zurückholen. Warum also diese unterwürfige Haltung in Bezug auf die EU?

Könnte es für einige Exponenten auf Bundesebene eventuell der Wunsch sein, Grossmachtspolitik unter dem Schirm von Brüssel betreiben zu können? In diesem Zusammenhang befremdet mich auch die Aussage des eben gerade gewählten Bundesrates Martin Pfister. Eigentlich als Sanierer des VBS ins Rennen geschickt, äussert er sich nach der Wahl zu den EU-Verträgen und verspricht, dass er sich für die Mehrheitsfähigkeit des Rahmenabkommens mit der EU stark machen werde. Wurde da bewusst aufgestockt, um im Bundesrat die EU-Unterwerfung mehrheitsfähig zu machen?

Was Wenige wollen, kann nicht sein

Es gibt zahlreiche Gründe, die gegen eine weitere Annäherung der Schweiz an die EU sprechen. Das politische, kulturelle und wirtschaftliche Gefälle ist schlicht zu gross. Auf die Dauer verhindern diese Differenzen eine erfolgsversprechende Zukunft der Schweiz unter dem EU-Diktat. Sollte je einmal ein verstärktes Zusammengehen mit der EU Tatsache werden, dann wird diese Gemeinsamkeit sehr schnell an der politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Realität scheitern.

Weit auseinanderdriftendes politisches Selbstverständnis

Die EU-Mitgliedstaaten werden durch eine sehr zentralistisch ausgerichtete Führungselite aus Brüssel beherrscht. Wer nicht mitläuft, wird bestraft (Ungarn). In der EU existiert ein zentralistisch gesteuerter Mechanismus. Die Schweiz bekennt sich dagegen zur Dezentralisation. Das beinhaltet einen föderalistischen Staatsaufbau, der sich bis hin zur Gemeindeautonomie erstreckt. Hinter dieser Grundeinstellung steht die Subsidiarität, die es ermöglicht, dass Selbstbestimmung und Eigenverantwortung möglichst dort zum Tragen kommen, wo sie den allergrössten Nutzen bringen. Aufgaben werden an diejenigen Stufen delegiert, die diese Aufgaben auch am effektivsten lösen können. Das führt zu geringeren Ausgaben der öffentlichen Hand und unterstützt damit die Bestrebungen, den Staatshaushalt im Gleichgewicht zu behalten.

Weniger Ausgaben ermöglichen auch eine geringere Steuerbelastung. Die EU kennt das Subsidiaritätsprinzip ebenfalls. Doch kommt dieses Prinzip kaum zum Tragen, da viele Mitgliedsstaaten nahe dem Bankrott und daher kaum mehr handlungsfähig sind und öffentliche Aufgaben gar nicht mehr erfüllen respektive nur durch eine ins Unermessliche anwachsende Verschuldung finanzieren können. Dazu kommt, dass die EU-Kommission ausgeprägte diktatorische Ambitionen hat und sich kaum mehr innereuropäischen Themen widmet, sondern Grossmachtpolitik (Ost-Erweiterung) inklusive kriegerischen Einsätzen bevorzugt.

Weitere unüberwindliche Differenzen bestehen beim Demokratieverständnis. Sind in der EU einmal die Rats- und Kommissionsmitglieder bestimmt, ist die Wählerschaft, der Bürger, ausgeschaltet. In der Schweiz werden Sachgeschäfte bis auf die Gemeindeebene zur Abstimmung vorgelegt. Die Bürger haben mit der Initiative und dem Referendum zudem wirkungsvolle Instrumente in der Hand, um der Exekutive Aufträge zu erteilen oder falsche Entwicklungen zu korrigieren.

Ebenso verpflichtet das Bekenntnis zur Neutralität die Schweiz, sich nicht zu einer Parteinahme bei zwischenstaatlichen Konflikten hinreissen zu lassen. Zwar versuchen ein paar Wirrköpfe die Neutralität umzudeuten, weil sich offensichtlich gewisse Kreise lieber in kriegerische Auseinandersetzungen verwickeln lassen, statt aktive Friedenspolitik zu betreiben. Die EU ist in dieser Hinsicht anders ausgerichtet. Sie ist längst zur Kriegspartei geworden und daher für die Schweiz keine Option für eine vertiefte Partnerschaft.

Freiheit, Demokratie, Unabhängigkeit und Frieden stärken

Die Schweiz ist zudem durch die Verfassung verpflichtet, Freiheit, Demokratie und Unabhängigkeit zu schützen. So wird in der Einleitung zur Bundesverfassung festgehalten:
«Das Schweizervolk und die Kantone, in der Verantwortung gegenüber der Schöpfung, im Bestreben, den Bund zu erneuern, um Freiheit und Demokratie, Unabhängigkeit und Frieden in Solidarität und Offenheit gegenüber der Welt zu stärken, im Willen, in gegenseitiger Rücksichtnahme und Achtung ihre Vielfalt in der Einheit zu leben, im Bewusstsein der gemeinsamen Errungenschaften und der Verantwortung gegenüber den künftigen Generationen, gewiss, dass frei nur ist, wer seine Freiheit gebraucht, und dass die Stärke des Volkes sich misst am Wohl der Schwachen, geben sich folgende Verfassung [ … ]» (Schweiz Bundesverfassung, April 1999)

Die Bundesverfassung ist ein Generationenvertrag, der die Verteidigung und den Schutz der Errungenschaften vorhergehender Generationen fordert und die Verantwortung der gegenwärtigen Generation gegenüber den nachfolgenden Generationen zur Pflicht macht. Durch die Verfassung ist die Schweiz verpflichtet, das Land vor fremden Einmischungen zu schützen und ihre Souveränität zu verteidigen. Eine weitere Annäherung an die EU ist daher nicht verfassungskonform, verletzt den Generationenvertrag und wird daher früher oder später zu einem unüberwindlichen Graben zwischen dem politischen Selbstverständnis der Schweiz und der EU führen.

Verschiedene Kulturen lassen sich nicht per Dekret zusammenführen

In der Vergangenheit mussten wir feststellen, dass unterschiedliche Kulturen (z. B. Unternehmenskulturen) ein unüberwindbares Hindernis sein können und damit gemeinschaftliche Aktivitäten oder Zusammenschlüsse zum Scheitern bringen. Das Schweizervolk hat in der Vergangenheit bewiesen, dass es keine fremden Herrscher (oder Richter) akzeptieren wird. Der Sinn für Freiheit und Selbstbestimmung ist in der Schweizer Bevölkerung tief verankert.

Im Gegensatz dazu beobachtet man in einigen europäischen Länder sehr wohl eine gewisse Tendenz sich dem «Adel« zu unterwerfen. In dieser auseinanderdriftenden Haltung gegenüber den Herrschenden liegt ein erhebliches Potenzial, das eine weitere Annäherung der Schweiz an die EU zum Scheitern bringen wird. Der Drang, frei und unabhängig zu sein, Eigenverantwortung zu übernehmen und die Machtbesessenen in die Schranken zu weisen, wird die Beziehungen zwischen der EU und der Schweiz andauernd auseinandertreiben.

Zustand der Volkswirtschaft

Die Schweiz kann auf eine sehr erfolgreiche Wirtschaftsentwicklung zurückblicken. Sie verfügt über einen ausgeglichenen Staatshaushalt, besitzt mit dem Schweizerfranken eine eigene, starke Währung und kann für sich eine überdurchschnittliche Wettbewerbsfähigkeit geltend machen. Dank einem hervorragenden Berufsbildungssystem und einer eigenständigen Wirtschaftspolitik liegt die Arbeitslosigkeit in der Schweiz auf einem wesentlich tieferen Niveau als in der EU. (Schweiz: 2,6 %, Dez. 2024 / EU: 6,2 %, Jan. 20251) Die milliardenschwere Schuldenlast (2023: 13,9 Billionen Euro2) innerhalb der EU heizt die Inflation weiter an und zwingt die Europäische Zentralbank zu einer zerstörerischen Währungspolitik. Die Standortattraktivität der Schweiz ist der der EU weit überlegen, vor allem, weil Deutschland als Wirtschaftsmotor arg unter die Räder geraten ist.

Entsprechend sinkt die Kaufkraft innerhalb der Eurozone, während die Schweiz eine weitgehend stabile Kaufkraftentwicklung ausweisen kann. Die EU-Bevölkerung wird über diesen Verlust weitere Vermögenseinbussen hinnehmen müssen. In der Schweiz beobachten wir dagegen eine Entwicklung in die entgegengesetzte Richtung.

Das enorme Gefälle zwischen den beiden Volkswirtschaften ist äusserst explosiv. Da die Schweiz in diesem Bereich zwar besser dasteht, jedoch nur «Juniorpartner» sein kann, wird sie bei einer weiteren Annäherung als grosse Verliererin dastehen. Bildlich gesprochen: Stehen ein Blinder und ein Sehender vor einem Abgrund und der Sehende folgt dem Blinden werden beide in den Abgrund stürzen.

Man kann es drehen und wenden, wie man will, eine Annäherung der Schweiz an die EU ist aufgrund der unterschiedlichen Ausgangslagen nicht zukunftsfähig. Selbst als Handelspartner ist die EU kaum mehr attraktiv. Es gibt zahlreiche aufsteigende Volkswirtschaften (BRICS-Staaten) die für die Schweizer Exportwirtschaft ein weit grösseres Zukunftspotential aufweisen als die serbelnde, kriegslüsterne Europäische Union. Denken wir strategisch und zukunfts­orientiert, dann werden wir eine Annäherung an die EU verwerfen und andere Wirtschaftspartnerschaften eröffnen. ■


  1. Schweiz; Die Lage auf dem Arbeitsmarkt Dezember 2024, Seco/EU: https//de.statista.com ↩︎
  2. https//de.statista.com ↩︎