Betrug an Volk und Land?

Wohin Amherd «nach bestem Wissen und Gewissen» die Schweiz geführt hat

von Thomas Kaiser

Alt-Bundesrätin Viola Amherd und noch-Bundesrat Ignazio Cassis werden als zwei Bundesräte in die Geschichte eingehen, die unserem Land einen finanziellen, einen politischen und einen Reputationsschaden zugefügt haben. Sie würden die Liste der unfähigen Bundesräte und -rätinnen verlängern, wenn es denn eine gäbe.

In Ignazio Cassis’ Leistungsausweis ist bisher wenig Positives zu finden. Er ist angetreten, um bei den Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU den «Reset-Knopf» zu drücken. Die Hoffnung war gross, dass er die Souveränität der Schweiz gegenüber der EU verteidigen würde. Weit gefehlt. Ist der erste Anlauf, der Abschluss des Rahmenvertrags, gescheitert, muss der zweite Versuch gelingen.

Für Cassis steht wohl sein Ansehen bei den Granden der EU auf dem Spiel. Anscheinend ist ihm dieses wichtiger, als bei der Abstimmung über die Verträge die demokratischen Grundsätze zu beachten. Es soll nur so wenig  Mitbestimmung geben, damit die Annahme des EU-Vertrags auf keinen Fall gefährdet ist. Deshalb sind die Stimmen der Kantone nicht erwünscht. 

Mit seinem für einen Bundesrat unwürdigen Auftritt auf der Propagandaveranstaltung für die Ukraine auf dem Bundesplatz in Bern und seine Anbiederung bei Wolodymyr Selenskyj sowie der Übernahme der Sanktionen gegen Russland hat er handstreichartig der Neutralität der Schweiz einen immensen Schaden zugefügt. Eine grossartige Leistung! 

Neutralität – weise und vorausschauend 

Jahrhunderte haben die Menschen in der Schweiz teilweise unter grössten Entbehrungen und bitteren Erfahrungen die Neutralität erstritten. Nicht in Kriege hereingezogen zu werden, war der Lohn der Entbehrung. Betrachtet man das 20. Jahrhundert, hat sich der Einsatz für die Neutralität als weise und vorausschauend erwiesen. Die Schweiz blieb von allen Kriegen verschont.

Wahrscheinlich kennen weder Amherd noch Cassis die Geschichte der Schweizer Neutralität. Sie haben wohl keine Ahnung, wie viel Einsatz es gebraucht hat, die Neutralität in den grössten Stürmen aufrechtzuerhalten. Wozu auch? Man lebt im Hier und Jetzt, und da gilt es als opportun, sich den vermeintlich Grossen anzudienen. Dass man dabei möglicherweise in einen Krieg hineingezogen wird, nimmt man billigend in Kauf. 

Vetternwirtschaft und Verkaufstrick

Viola Amherd hatte diesen Weg in Richtung Anbindung sowohl auf der Ebene der Nato als auch der EU bereits ambitiös vorangetrieben. Den Überblick in ihrem Departement hat sie, wie immer mehr ans Tageslicht kommt, nicht gehabt. Die Liste der Pannen und Pleiten ist lang. Während Armeechef Thomas Süss­li, der auch das Weite sucht, von der Zahlungsunfähigkeit des VBS sprach und beklagte, gewisse Anschaffungen nicht bezahlen zu können, wies Viola Amherd das als unzutreffend zurück.

Wer gelogen hat, ist nicht bekannt, beide mimten Eintracht. Das Chaos im Nachrichtendienst und die Softwarepannen sind für die Sicherheit des Landes eine Katastrophe. Vetternwirtschaft bei der Ruag bis zum Verkaufstrick, die Schweizer Leopard Panzer flugs auszumustern, um sie der deutschen Rüstungsschmiede Rheinmetall verkaufen zu können, bereichern Amherds Leistungsausweis. Die Bundeswehr verwendet diese ehemaligen Schweizer Panzer als Ersatz für die von ihr an die Ukraine gelieferten. 

Noch mehr Chaos im VBS

Ihr kurzfristiger Abgang aus dem Bundesrat wird immer erklärlicher: Was sich im VBS betreffend die Beschaffung neuer Rüstungsgüter abspielt, ist ein Skandal und spottet jeder Beschreibung. Amherds Standardsätze, dass nicht immer alles rund gelaufen sei und sie nach bestem Wissen und Gewissen für das Land gearbeitet habe, wirft die Frage sowohl nach ihrem Wissen als auch nach ihrem Gewissen auf.

Wie ihr Nachfolger mit all den Rohrkrepierern umgehen wird, bleibt noch offen. Martin Pfister hat das Erbe Amherds antreten wollen, jetzt muss er auch das VBS aus dem Schlamassel herausführen und die Suppe auslöffeln, die ihm seine Parteikollegin eingebrockt hat. Sich als Chef des VBS verstärkt für die Annahme der EU-Verträge einzusetzen, wie er selbst erklärte, ist unter diesen Umständen mehr als bedenklich. Damit führt er die Politik Amherds weiter. Noch mehr Chaos im VBS ist vorprogrammiert und wird nicht lange auf sich warten lassen. 

Die Beschaffung des F-35, der über eine Milliarde mehr kosten soll – andere sprechen von zwei Milliarden – gehört ebenfalls in Amherds Amtszeit. Das ist ein Betrug am Wähler, denn ihm wurden andere Zahlen im Abstimmungskampf präsentiert. Auch braucht der F-35 ein neues Triebwerk, was ebenfalls zu Lasten der Schweiz gehen wird. Die Forderung der SP, unter diesen Umständen vom Kauf zurückzutreten, wäre eine Option.

Sie hatte den Flieger als zu teuer und überdimensioniert bekämpft. Doch muss man der SP den Vorwurf machen, dass gerade sie 2014 den Kauf des Gripen, der billiger und zweckmässiger gewesen wäre, bekämpft hatte. Der SP ging es aber nicht nur darum, gar keinen Flieger zu kaufen, sondern wie Evi Allemann, SP-Sicherheitspolitikerin, damals in der Sendung Arena durchblicken liess, sich zukünftig von der Nato verteidigen zu lassen.

Mit dem Gripen hätten wir die Probleme wahrscheinlich nicht. Evi Allemann, die damals zusammen mit Chantal Galladé die Kampagne gegen den Gripen führte, ist schon längst über alle Berge. Jetzt muss die Schweiz einen Flieger kaufen, der mehr als doppelt so teuer sein wird und bisher gravierende Mängel aufweist. 

Ein weiterer Fehlgriff ist der Drohnendeal mit Israel. Die Auslieferung der Aufklärungsdrohnen verzögert sich erneut, so dass das VBS auch hier laut über einen Ausstieg aus dem Vertrag nachdenkt, was in der Regel mit Kosten verbunden ist. Was hausgemacht oder was äusseren Umständen geschuldet ist, muss durch eine GPK oder PUK untersucht werden. Viola Amherd darf mit ihrem Ausscheiden aus dem Bundesrat nicht aus der Verantwortung entlassen werden.