von Reinhard Koradi
Wir erleben gerade einen einschneidenden Gesinnungswandel, der den Grundlagen zwischenstaatlicher Kooperationen wohl erheblichen und kaum reparierbaren Schaden zufügt. Eine erfolgsversprechende Zusammenarbeit unter Vertragspartnern setzt gegenseitiges Vertrauen und Zuverlässigkeit voraus. Im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) und in bilateralen Verträgen werden die Austauschbedingungen für den internationalen Handel der Vertragsländer verbindlich geregelt.
Ziel der WTO ist es, möglichst sämtliche Handelshindernisse auszuschalten, um den sogenannten freien Waren- und Dienstleistungsverkehr zu fördern. Der freie Warenverkehr war eine der Voraussetzu
Liegt es doch im Interesse nationaler Volkswirtschaften, gefährdete oder aufgrund unterschiedlicher Rahmenbedingungen nicht konkurrenzfähiger Branchen die einheimischen Märkte zu schützen (Beispiel Landwirtschaft). Durch die WTO-Verträge wurde dieser Schutzmechanismus bis auf wenige Ausnahmen ausgeschaltet. Trotz aller Kritik besteht die Tatsache, dass die USA sich an die WTO-Bestimmungen halten muss.
Was Trump mit seinen Strafzöllen in die Wege geleitet hat, ist Vertragsbruch und muss rechtlich geahndet werden. Zum Abbau der Handelshemmnisse kommt zudem die Meistbegünstigungsklausel der WTO. Diese verpflichtet die Mitgliedstaaten dazu, die einem Land gewährten Einfuhrerleichterungen (zum Beispiel niedrige Zölle) sämtlichen WTO-Mitgliedstaaten ebenfalls zuzugestehen.
Eine Anordnung von unterschiedlichen Strafzöllen, wie dies Trumpf zurzeit praktiziert, ist daher als klarer Vertragsbruch einzuordnen. Obwohl die USA durch die Mitgliedschaft bei der WTO verpflichtet ist, weder Zölle noch Handelshemmnisse neu anzuordnen, setzt Trump durch willkürlich angeordnete Strafzölle die Staaten unter massiven Druck und erpresst sie zu Zugeständnissen, die gegen die innerstaatlichen Interessen der betroffenen Nationen gerichtet sind.
Trump dagegen stellt die Interessen Amerikas (America first) über sämtliche internationale Verordnungen und Abkommen. Das ist reiner Vertragsbruch und verletzt das Rechtsempfinden und das Vertrauen in sämtliche zwischenstaatliche und transnationale Abkommen. Die USA sind sowohl als politischer wie auch als wirtschaftlicher Vertragspartner untragbar geworden.
Die Schweiz muss ihren eigenen Weg finden
Bereits wollen gewisse Kreise die Stunde der Verunsicherung nutzen und propagieren die Flucht in neue Abkommen. Dabei sollten gerade die Erfahrungen mit den USA uns wachrütteln. Es ist der absolut falsche Weg, das Heil in einer weitgehenden Auflösung unserer Souveränität und Unabhängigkeit zu suchen. Eine rasche Annäherung an die EU kann niemals die Lösung für den trumpschen Feldzug gegen die Schweiz sein.
Was wir brauchen, ist eine Konzentration auf unsere eigenen Stärken und Werte. Durch eine unbedachte Annahme der EU-Vertragsbedingungen, setzen wir diese Möglichkeit aufs Spiel. Die Schweiz ist dank ihrer Qualitätsstrategie, ihrer Innovationsfähigkeit und ihrer politischen Stabilität im internationalen Wettbewerb ausgezeichnet positioniert. Es geht um die Erschliessung neuer Märkte und die Pflege guter Beziehungen zu anderen aufstrebenden Volkswirtschaften.
Unser Land hat als neutraler souveräner Staat die einmalige Chance, sich gegenüber den freien Völkern der Welt als verlässlicher Partner zu positionieren. Verspielen wir diese einmalige Chance nicht durch Anbiederung an marode, kriegslüsterne Organisationen, wie die EU eine ist. Denn wir wissen es eigentlich spätestens seit Trumps Zollhammer: Die meisten Verträge halten nur so lange der Stärkere gewillt ist, diese einzuhalten. Ob OECD, IWF oder WTO – sie haben in der Regel der Schweiz mehr Schaden als Nutzen zugefügt.
Was spricht denn dafür, dass wir als Juniorpartner bei der EU bessere Karten haben? Brüssel hat der Schweiz als Taktgeber den Weg gewiesen. Das wird es immer tun und uns zum Gehorsam zwingen. Macht, das lehren uns die USA, kennt keine Grenzen, wenn es darum geht, sich eigene Vorteile zu verschaffen. Darum hütet euch vor multinationalen Abkommen und Vereinbarungen. Sie sind das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben sind. ■
Handelsbilanzdefizit durch Goldkäufe der Amerikaner
Das Handelsbilanzdefizit der USA gegenüber der Schweiz von 48 Mrd. Franken ist durch den Goldhandel der Schweiz mit den USA stark aufgebläht. Allein durch den Goldhandel fallen 39 Mrd. Franken an. Dabei dient die Schweiz lediglich als Drehscheibe im Goldhandel. Da in der Schweiz mehrere Raffinerien niedergelassen sind, die das importierte Gold in verschiedene Barren umschmelzen und dann wieder exportieren (USA), entsteht eine überdimensionierte Ausdehnung des Exportvolumens. Diesen Tatbestand müsste eigentlich auch Trump verstehen.
